416 Seiten,
Wie ein Pfahl im Fleische steckt in der Ordnung der Bundesrepublik die Herausforderung der 68er Bewegung. Der Philosoph und Soziologe Oskar Negt beschreibt »Maulwurfsarbeit«, verzweigte Wirkungen von 68, die unter der geräuschvollen Oberfläche liegen und nur wenig mit dem zu tun haben, was bei medienwirksamen Jubiläumsveranstaltungen in sentimentalen Erinnerungen oder abwertend als Studentenulk wiedergegeben wird. Szenen, Situationen, Gespräche mit rührenden Akteuren der Zeit (wie Krahl, Dutschke, Cohn-Bendit) lassen die Atmosphäre der damaligen gesellschaftlichen Konflikte aufleben. Gleichzeitig geht es Negt jedoch darum, aus der beutigen Erfahrung starker gesellschaftlicher Umbrüche die politische Substanz jener anstößigen Jahre in ihren praktischen Auswirkungen zu zeigen. Hauptfiguren in diesem dramatischen Geschehen sind die politischen Intellektuellen und ihr Verhältnis zur Macht. Ihre Wandlungen seit 68 angesichts veränderter geschichtlicher Machtkonstellationen stehen im Spannungsfeld von diensteifriger Anpassung und widerständigem Eigensinn.
Als »Mentor« der Bewegung hat Oskar Negt in ihren Ursprüngen schon jene Distanz bewahrt, die es ihm heute erlaubt, den Utopiegehalt von 68 ohne Abstricbe anzuerkennen und zu verteidigen. Diese Balance aus erinnernder Nähe und analytischer Distanz bestimmt den Geist des Buches.